Neue Konzertreihe "Im Atem der Zeit" in der Elisabethkirche Kassel

Der Abschluss eines gigantischen Orgelumzugs wird zum Anlass herausragender Konzerte: Die denkmalgeschützte Bosch-Bornefeld-Orgel der Kasseler Martinskirche hat in der Elisabethkirche am Friedrichsplatz eine neue Heimat gefunden. Die Kasseler Verlage Merseburger, PAN und Furore in Kooperation mit der Elisabethkirche und dem Kasseler Kulturforum e. V. veranstalten die neue Konzertreihe "Im Atem der Zeit".

Plakat "Im Atem der Zeit"


Je nach Ausrichtung des Programms werden weitere Kooperationspartner mit ins Boot geholt. Das zweite Konzert wird am 30. September 2015 mit Kerstin Röhn, Saxophon und Martin Forciniti, Orgel stattfinden. Es erklingen Werke vom Barock bis zur Moderne. Neben Improvisationen wird keltische Musik von John Wolf Brennan zu hören sein.

Das erste Konzert Orgelmusik jüdischer Komponisten bis zur Shoa in der Elisabethkirche, Kassel war ein voller Erfolg. Die Premiere von "Im Atem der Zeit" am 10. Juni 2015 lockte 200 interessierte Zuhörer in die katholische Elisabethkirche mit Synagogalmusik des Merseburger Verlags. Der Kantor und Herausgeber Martin Forciniti ließ Kompositionen von Moritz Deutsch, Josef Löw und Louis Lewandowski an der neueingeweihten Orgel erklingen. In Gedenken an das entwurzelte Kasseler Judentum las Ilana Katz (Vorstand jüdische Gemeinde Kassel) Passagen aus dem lebensbejahenden Buch „Von Kassel nach Haifa: Die Geschichte des glücklichen Juden Hans Mosbacher“ von Eva Schulz-Jander. Das Konzert mit Lesung gab musikalische und kulturelle Einblicke in die Blütezeit der jüdischen Instrumentalmusik sowie die Zeit ihres Einschnitts. Ein gelungener Auftakt!

 

Die denkmalgeschützte Orgel der Kasseler Martinskirche hat in der Kirche am Friedrichsplatz eine neue Heimat gefunden. Die zentrale Lage bietet nun einmal mehr einen idealen Ort für hervorragende Konzerte. In mehrfacher Hinsicht soll der Titel „Im Atem der Zeit“ Vitalität aufzeigen und den Blick auch auf zeitgenössische Musik richten. Ernst Krenek, Namensgeber der Reihe mit dem Titel seiner Autobiographie, stellt zugleich einen Bezug zu Kassel her, wo er von 1925 bis 1927 unter Intendant Paul Bekker am Kasseler Theater vis-à-vis der Elisabethkirche tätig war.

Je nach Ausrichtung des Programms werden weitere Kooperationspartner mit ins Boot geholt. Das zweite Konzert wird am 30. September mit Kerstin Röhn, Saxophon und Martin Forciniti, Orgel stattfinden. Es erklingen Werke vom Barock bis zur Moderne. Neben Improvisationen wird keltische Musik von John Brennan zu hören sein.

Der Eintritt ist frei, am Ausgang wird um eine Spende für die Künstler gebeten. Nach den Konzerten wird zu Begegnungs- und Gesprächsmöglichkeiten geladen. Bei gutem Wetter auf den Seitenhöfen der Kirche, sonst unter der Empore.

 

Mehr zum ersten Konzert Orgelmusik jüdischer Komponisten bis zur Shoa

Orgelmusik von jüdischen Komponisten für die Synagoge und der jüdisch geprägten Peripherie ist ein Ergebnis der innerjüdischen Auseinandersetzung zwischen orthodoxen und reformwilligen Juden im 19. Jahrhundert.
Die Assimilierung der jüdischen Gottesdienstkultur beginnt mit dem Seesener Jacobstempel von 1810 im Harz und endet mit der gemeinsamen Sitzordnung beider Geschlechter um 1930.
Der vorläufige Sieg liberaler Strukturen, der mit der Durchsetzung der Orgel in der Synagoge - so auch in Kassel - begann, wurde mit Bestrebungen der Gleichberechtigung von Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts weitergeführt, die in der Anerkennung von Rabbinerinnen wie des „Fräuleins Rabbiner“ Regine Jonas nach 1930 gipfelte.
In der im Vergleich zur europäischen Musikgeschichte relativ kurzen Zeit blühte die jüdische Instrumentalmusik für die Synagoge innerhalb von nur ca. 120 Jahren auf, bevor sie ab 1933 in Europa durch den Nationalsozialismus niedergewalzt wurde.

Im ersten Konzert der Reihe „Im Atem der Zeit“ erklangen einige Blüten dieser kurzen, aber spannenden Zeit. Der Titel dieser Konzertreihe ist wohl überlegt, er bezieht sich auf die gleichnamige Biographie Ernst Kreneks und beschreibt die Bezugnahme der künstlerischer Empfindungen auf bestimmte Zeitabschnitte, sowie gleichzeitig den steten Fluss der Veränderung allen Seins.

Moritz Deutsch (1818 - 1893), Oberkantor der Synagoge in Breslau, war einer der ersten reformierten jüdischen Kantoren, er wurde neben Orgelkompositionen besonders bekannt durch seine einzigartige Kantorenschule. Seine „12 Präludien nach alten Synagogenintonationen“ greifen die Kunst des protestantischen Choralvorspiels auf, behalten durch die Verwendung typischer Charaktere in Melodie und Harmonik ein unverkennbares jüdisches Idiom.

Josef Löw (1843 - 1886) war ein Komponist abseits der Synagogalmusik und schrieb viele Sammlungen von Tonstücken für Tasteninstrumente, insbesondere für das Harmonium. Die meisten Werke sind Charakterstücke, bisweilen finden wir auch notierte Improvisationen.

Louis Lewandowski (1821 - 1894) schließlich ist der dritte Komponist des Programms. Er ist und bleibt die wichtigste Persönlichkeit der aufgeklärten und selbstbewussten synagogalen Musik, er war Chorleiter der großen Synagoge in Berlin, wo er einige größere Psalmvertonungen für gemischten Chor und Orgel in deutscher Sprache komponierte. Er war gern gesehener Gast einiger Berliner Künstlerkreise. Dort knüpfte er u.a. Kontakt zur Familie Mendelssohn. Seine Gesamtleistung beeindruckte während eines Synagogenbesuchs anlässlich eines Jubiläums nicht zuletzt Otto von Bismarck.

 

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