200. Geburtstag von Josephine Lang

Josephine Lang

„Meine Lieder sind mein Tagebuch“ 

Josephine Lang zum 200. Geburtstag 2015  

(*14.3.1815 in München †2.12.1880 in Tübingen)

In der Familie gab es Musik in Fülle: die Mutter und Großmutter waren Sängerinnen, der Vater Geiger und der Großvater Hornist. Josephine selbst erfand bereits als Fünfjährige Lieder, die sie am Klavier stehend begleitete und vortrug, wenn Gäste kamen. Dabei galt sie stets als schonungsbedürftig, von fragiler Gesundheit, weswegen die Eltern entschieden, sie von Privatlehrern unterrichten zu lassen, statt sie in die Schule zu schicken. Abendliche Opernbesuche hingegen schienen den Eltern verträglich, sie nahmen sie mit und machten sie mit Opern von Rossini, mit deutscher und französischer Opernliteratur bekannt.[1]

 

Als Fünfzehnjährige, hatte sie die Gelegenheit, einem besonderen Gast vorzusingen. Josephine Lang berichtet : "[...] Er stand, an’s Klavier gelehnt, so dicht vor mir, daß er mir in den Mund sah, was mich, da ich ohnehin schüchtern war, sehr befangen machte. Dem ersten Lied musste ich sogleich ein zweites, drittes, viertes folgen lassen – er bekam nicht genug. [..]" Der Gast war der 21-jährige Felix Mendelssohn. Er ermahnte sie, "ihr Talent nicht in Gesellschaften zu verschleudern, gab ihr einige Ratschläge, schenkte ihr auch einen Band mit Goethes Gedichten, als Widmung zitierte er aus Goethes „An Lina“: nie lesen, immer nur singen und das ganze Buch ist Dein." An seine Familie berichtet er: "Wenn sie sich an das Clavier setzt, und solch ein Lied anfängt, so klingen die Töne anders, - die ganze Musik ist so sonderbar hin und her bewegt, und in jeder Note das tiefste, feinste Gefühl. Wenn sie dann mit ihrer zarten Stimme den ersten Ton singt, da wird es jedem Menschen still und nachdenklich zu Muthe, und jeder auf seine Weise durch und durch ergriffen."

146 ihrer 300 Lieder wurden zu Lebzeiten in renommierten Verlagen gedruckt. Viele Kompositionen entstanden in jungen Jahren vor ihrer Heirat mit dem Juristen Reinhold Köstlin, und bevor mit sechs Kindern andere Aufgaben vorrangig wurden.

„Meine Lieder sind mein Tagebuch“ soll sie gesagt haben. Sie behandelte ihre Lieder als lebensbegleitende, wandelbare Gestalten, überarbeitete sie mehrfach, setzte in veränderten Lebenssituationen neue Akzente und tat auf expressive Weise ihr Fühlen und Denken kund.

Im September 1856 starb Reinhold Köstlin im Alter von 43 Jahren, und für die Familie begann eine Zeit materieller Schwierigkeiten. Als sie sich an den Sänger Franz Hauser wandte mit der Bitte, ihr bei der Suche nach Verlegern behilflich zu sein, war dieser skeptisch, weil - so schrieb er an Lang - sie zu gut spiele und zu gut singe und deshalb zu schwer schreibe. Jenny Lind sei die einzige, die er außer ihr kenne, "der kein Ton zu hoch und keiner zu tief ist."[2] Schließlich gelang die Veröffentlichung von op.14 und op.15. Langs größter Publikationserfolg war eine Sammlung mit 40 Liedern bei Breitkopf und Härtel.

Am 2. Dezember 1880 starb Josephine Lang. Ihr Sohn Heinrich Adolph Köstlin sammelte ihre Autographe und übergab sie 1904 der Württembergischen Landesbibliothek. Für Josephine Lang war es das Wort, das den schöpferischen Funken schlug. Beim Lesen eines Gedichts konnte es geschehen, dass die Musik sich in ihr formte, unwillkürlich, weil – so ihre Begründung – das Gedicht selbst bereits Melodie sei. Musik und Dichtung bildeten eine Einheit und waren zugleich die Pole, aus deren Wechselwirkung Kompositionen entstanden. Bei vielen Liedern sind 2 Entstehungsdaten genannt, nämlich das Kompositionsdatum (oft auf Spaziergängen) und das Datum der Niederschrift. Dazwischen liegen oft Monate – eine geniale geistige Leistung.

Die nach 150 Jahren neu edierte Furore-Ausgabe enthält sämtliche Heine- und Lenau-Vertonungen; außerdem sprach Goethes Omnipräsenz in der Liedliteratur dafür, auch mit ihm an die fast vergessene Komponistin anzuknüpfen.

Wünsche zum 200. Geburtstag: Liederabende, in denen Josephine Lang mit ihren künstlerischen Weggefährten gemeinsam auf dem Programm steht: z.B. mit Mendelssohn, der sie beschwor zu komponieren und Pate ihres Sohnes wurde, Robert Schumann, der sie in seiner Zeitschrift würdigte, Clara Schumann, die sich bei Breitkopf für sie einsetzte und vielleicht sogar Brahms, der immerhin zum Freundeskreis ihrer Tochter in Wien gehörte.

Barbara Gabler

 

[1] Roberta C. Werner, The songs of Josephine Caroline Lang: the expression of a life, Univ. of Minnesota Diss. 1992, Ann Arbor:UMI, S. 59-60

[2] ebd.,133

 

 

 

 

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